Häuser des Jugendrechts / integrative Kooperationsmodelle im Jugendstrafrecht

Ziel des Jugendstrafverfahrens ist es, mit erzieherischen Mitteln auf jugendliche Täter einzuwirken und sie durch die Korrektur von Fehlentwicklungen zugleich von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Eine erzieherische Wirkung können dabei aber nur solche Sanktionen entfalten, die der Persönlichkeit des Täters, seiner aktuellen Lebenssituation und den Hintergründen der Tat Rechnung tragen. Die Strafe muss daher auf die jungen Täter zugeschnitten sein und der Tat „auf dem Fuße“ folgen, um den Zusammenhang zwischen Straftat und staatlicher Reaktion durch eine rasche Intervention zu verdeutlichen.

Zu erreichen sind diese Ziele in erster Linie durch eine vernetzte Zusammenarbeit und enge Kooperation der an den Jugendstrafverfahren beteiligten Institutionen. Gute Rahmenbedingungen bieten die „Häuser des Jugendrechts“, die ab 2005 sukzessive in den fünf größten Städten des Landes (Ludwigshafen, Mainz, Kaiserslautern, Trier und Koblenz) und ab Mitte April 2023 auch in Neuwied eingerichtet wurden. In diesen Einrichtungen arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe sowie freie Träger „unter einem Dach“ zusammen. Die kurzen Informationswege ermöglichen eine zeitnahe und individuell auf den jeweiligen Erziehungsbedarf zugeschnittene Reaktion auf delinquentes Verhalten. Wesentliches Element ist die Durchführung von sogenannten „Fallkonferenzen“, die dem Informationsaustausch und der Koordinierung des Vorgehens im Einzelfall dienen sollen. Daneben zielen die „Häuser des Jugendrechts“ auf den Ausbau ambulanter Maßnahmen, die Mitwirkung bei der Jugendhilfeplanung, die Verbesserung der interdisziplinären Kommunikation sowie die Stärkung der Zusammenarbeit mit Schulen ab. Die verstärkte Berücksichtigung der Belange des Opfers und die Wahrung und Wiederherstellung des sozialen Friedens durch den Ausbau des gerade im Jugendstrafverfahren wichtigen Täter-Opfer-Ausgleichs sind weitere Schwerpunkte dieser Einrichtungen.

Die bisherigen Erfahrungen der Kooperationspartner der „Häuser des Jugendrechts“ in Rheinland-Pfalz haben bestätigt, dass die angestrebten Verfahrensverkürzungen erreicht werden und sich die Zusammenarbeit merklich verbessert und auf einem hohen Niveau eingespielt hat.
Die Landesregierung ist bestrebt, nicht nur in den großen oder größeren Städten, sondern möglichst flächendeckend eine effektive und institutionalisierte Kooperation zwischen Justiz, Polizei und Jugendhilfe zu fördern. Auf lokaler Ebene existieren bereits vielfältige Konzepte für eine enge Zusammenarbeit zwischen Polizei, Jugendämtern und Justiz, in die auch regionale Besonderheiten einfließen können. Ziel ist auch insoweit, die Verfahren durch eine Verbesserung des Informationsflusses – gegebenenfalls durch „Fallkonferenzen“ – zu beschleunigen und eine Sensibilisierung der Beteiligten für „Problemfälle“ zu schaffen. Beteiligte der Kooperationsmodelle sind jeweils zumindest Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte, Vertreterinnen und Vertreter der Jugendgerichtshilfe sowie Jugendsachbearbeiterinnen und Jugendsachbearbeiter der Polizei.