Spaltet der Nahostkonflikt die deutsche Gesellschaft? Diese Frage diskutierten Politologin Saba-Nur Cheema und der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Prof. Meron Mendel, gestern auf Einladung von Justizminister Herbert Mertin bei einem Festakt anlässlich des Tags der Menschenrechte in Mainz.
In seiner Eröffnungsrede hob Minister Mertin hervor: „Vor genau 76 Jahren, am 10. Dezember 1948, haben die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in Paris verkündet. Auch nach so vielen Jahrzenten müssen wir aber feststellen, dass diese Rechte in vielen Teilen der Welt missachtet werden. Wenn just in diesen Tagen die Schreckensherrschaft Assads in Syrien beendet wird, macht das Hoffnung. Doch im Nahen Osten herrscht nach wie vor Krieg. Ohne das zu vergessen, wollen wir heute die Auswirkungen des Nahostkonflikts auf die deutsche Gesellschaft diskutieren. Denn auch hierzulande scheinen sich die Gräben zwischen denen, die auf der Seite Israels stehen, und denen, die sich für Palästina stark machen, zu vertiefen.“
„Wie kann in Deutschland ein friedliches Miteinander von Israelis und Palästinensern gelingen, solange im Nahen Osten die Waffen sprechen? Wie können wir Antisemitismus und Rassismus bekämpfen und gleichzeitig eine klare Haltung in der Debatte über den Konflikt vertreten? Mit Saba-Nur Cheema und Prof. Meron Mendel konnten wir zwei Referenten gewinnen, von denen wir zu diesen Fragen Vieles lernen können. Als muslimisch-jüdisches Ehepaar sind sie selbst ein inspirierendes Beispiel dafür, wie es – ganz im Sinne der Menschenrechte – gelingen kann, dass wir uns mehr auf unsere Gemeinsamkeiten und weniger auf unsere Unterschiede konzentrieren. Ich freue mich sehr auf ihre Anregungen!“, so der Minister abschließend.
In einem von Christoph Heinemann vom Deutschlandfunk moderierten Gespräch forderten Cheema und Mendel, den Diskurs in konstruktive Bahnen zu lenken.
Cheema: "Seit dem 7.Oktober 2023 haben sich die Fronten verhärtet. Es scheint nur noch zwei mögliche Positionen zu geben: auf der Seite Israels oder auf der Seite der Palästinenser. Dabei ist es möglich, mit beiden solidarisch zu sein: und zwar mit den friedlichen Kräften auf beiden Seiten."
Mendel: "Der Krieg in Gaza dient weltweit als Projektionsfläche. In der Debatte werden auch Konflikte der deutschen Migrationsgesellschaft mitverhandelt. Wir brauchen eine differenzierte Diskussion, die weniger selbstbezogen und mehr darauf ausgerichtet ist, wie man Palästinenser und Israelis für eine friedliche Zukunft unterstützen kann.“
Auch musikalisch stand der Abend im Zeichen des muslimisch-jüdischen Dialogs. Amnon Seelig, Kantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim, sorgte gemeinsam mit Mehmet und Ali Ungan von der Orientalischen Musikakademie Mannheim für die passende musikalische Begleitung.
Information:
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (UN-Menschenrechtscharta) wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris verkündet. Der 10. Dezember als Tag der Verkündung wird seither als Internationaler Tag der Menschenrechte begangen. Das Ministerium der Justiz würdigt diesen Tag seit vielen Jahren traditionell mit einem Festakt.