| Stellungnahme zum Vorschlag des Bundesjustizministers zur Änderung der Anordnung über die Mitteilung in Strafsachen (MiStra)

Justizminister Herbert Mertin: „Nicht so schnell und nicht so einfach – aber vor allem: nicht die Landesjustizverwaltungen!“

Porträt von Justizminister Herbert Mertin
Justizminister Herbert Mertin

Justizminister Herbert Mertin hat heute in einem Schreiben an den Bundesjustizminister zu dessen Vorschlag Stellung genommen, die Anordnung über die Mitteilung in Strafsachen (MiStra) so zu ergänzen, dass Informationen über die Inhaftierung von Ausländerinnen und Ausländern bzw. Asylsuchenden insbesondere an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gerichtet werden müssten, damit dort aufenthaltsbeendende Maßnahmen geprüft werden könnten:

„Lücken im Informationsfluss sollte man immer prüfen. Eine Lücke könnte es bei Mitteilungen über Asylsuchende an das BAMF geben. In der entsprechenden MiStra-Bestimmung – Nummer 42a – wird nämlich der Haftbefehl als Übermittlungsanlass nicht erwähnt. „Für die Prüfung, ob dies geändert werden sollte, ist allerdings der Bundesgesetzgeber zuständig. Bundesinnenministerin Nancy Faeser müsste dazu das Asylgesetz (§ 8 Absatz 1a Asylgesetz) ändern, auf dem diese MiStra-Bestimmung beruht“, betonte der Minister.

Bei der MiStra handelt es sich nämlich lediglich um eine Verwaltungsvorschrift. Die Mitteilung personenbezogener Daten in Strafsachen bedarf jedoch einer gesetzlichen Grundlage, da damit in Rechte Dritter eingegriffen wird.

„Ansonsten sieht die MiStra in Nummer 42 schon jetzt vor, dass der Erlass und die Aufhebung eines Haftbefehls den Ausländerbehörden mitzuteilen sind, solange dies den Untersuchungszweck nicht gefährdet“, erläuterte der Minister. Die Rechtsgrundlage für die Mitteilungspflicht findet sich in § 87 Absatz 4 Aufenthaltsgesetz. Diese Vorschrift wurde auf eine rheinland-pfälzische Initiative in der Justizministerkonferenz in den Jahren 2017 und 2018 geändert, um ausdrücklich auch die Information über einen bestehenden Untersuchungshaftbefehl an die Ausländerbehörden weitergeben zu können. Hintergrund waren damals die islamistischen Anschlagsgefahren, insbesondere der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016. Es hat dann bis ins Jahr 2021 gedauert, bis die Gesetzesänderung umgesetzt war. „Ich hoffe, dass die Bundesinnenministerin dieses Mal deutlich schneller reagiert und eine mögliche Änderung des Asylgesetzes umgehend prüft“, führte der Minister aus.

„Für den Fall, dass eine entsprechende Änderung des Asylgesetzes ins Auge gefasst wird, habe ich in meinem Schreiben an den Bundesjustizminister angeregt, bei dieser Gelegenheit auch eine inhaltliche Überprüfung vorzunehmen. Momentan muss die Staatsanwaltschaft vor der Übermittlung abschätzen, ob eine Freiheitsstrafe von mindestens drei oder – bei bestimmten Straftaten – von mindestens einem Jahr zu erwarten ist. Dies ist in der Praxis schwierig und könnte möglicherweise auch deshalb zu Übermittlungsdefiziten führen. Besser wäre ein fester Katalog von (schweren) Straftaten, bei denen immer eine Mitteilung an das BAMF erfolgen müsste. Dies erscheint mir auch aus Gründen des Datenschutzes vorzugswürdig.“, erklärte der Minister abschließend.

Hintergrund:

Die bundeseinheitliche MiStra enthält eine konkretisierende Zusammenstellung dazu, in welchen Fällen und in welchem Ausmaß Gerichte und Staatsanwaltschaften in Strafsachen zur Mitteilung personenbezogener Daten von Amts wegen an öffentliche Stellen für andere Zwecke als die des Strafverfahrens verpflichtet sind.

 

Nr. 42 MiStra lautet auszugsweise
(1) In Strafsachen gegen Ausländerinnen und Ausländer (§ 2 Absatz 1 AufenthG) sind unverzüglich mitzuteilen
[…]
2.der Erlass und die Aufhebung eines Haftbefehls, solange dies nicht den Untersuchungszweck gefährdet,

 

42 a Mitteilungen über Asylsuchende
(1) In Strafsachen gegen Ausländerinnen und Ausländer im Sinne des § 1 Absatz 1 AsylG sind unverzüglich mitzuteilen
1.die Einleitung des Verfahrens, soweit dadurch eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht zu erwarten ist, und die Erhebung der öffentlichen Klage, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren zu erwarten ist,
2.die Einleitung des Verfahrens, soweit dadurch eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht zu erwarten ist, und die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist, wenn eine Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist, und
3.die Erledigung eines Strafverfahrens
a) durch eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren,
b) durch eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist, oder
c) in sonstiger Weise im Falle einer vorausgegangenen Unterrichtung nach Nummer 1 oder 2.
(2) Die Mitteilungen und, soweit bekannt, zum Zwecke der eindeutigen Zuordnung die AZR-Nummer in den Fällen und nach Maßgabe des § 10 Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 des AZR-Gesetzes sind an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 90343 Nürnberg zu richten.
(3) Die Mitteilungen ordnen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an.

 

§ 8 AsylG Übermittlung personenbezogener Daten

(1a) Die für die Einleitung eines Strafverfahrens zuständigen Stellen haben in Strafsachen gegen die betroffene Person das Bundesamt unverzüglich zu unterrichten über
1.die Einleitung des Strafverfahrens, soweit dadurch eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht zu erwarten ist, und die Erhebung der öffentlichen Klage, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren zu erwarten ist,
2.die Einleitung des Strafverfahrens, soweit dadurch eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht zu erwarten ist, und die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist, wenn eine Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist, und
3.die Erledigung eines Strafverfahrens
a) durch eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren,
b) durch eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist, oder
c) in sonstiger Weise im Falle einer vorausgegangenen Unterrichtung nach Nummer 1 oder 2.

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