| Verbot der Vollverschleierung

Justizminister Mertin: Diskussion um Vollverschleierung sachlich führen

„Wir müssen die Diskussion rund um das Thema Vollverschleierung versachlichen und rechtliche Fragestellungen von unserem persönlichen Empfinden trennen. Die derzeit höchst emotional geführte Debatte beschäftigt sich meist nur am Rande mit der rechtlichen Zulässigkeit eines derartigen Verbots. Dabei wird vernachlässigt, dass ein komplettes Verbot der Vollverschleierung verfassungsrechtlich unzulässig sein dürfte“, erklärte Justizminister Herbert Mertin anlässlich der heutigen Aussprache im Landtag.

Mertin betonte, das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 Grundgesetz) stehe einem generellen, unbeschränkten Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum entgegen. Der auf unserem Grundgesetz fußende freiheitliche Staat sei gekennzeichnet von Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen. Dies gründe auf einem Menschenbild, das von der Würde des Menschen und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Selbstbestimmung und Eigenverantwortung geprägt sei. Die Religionsfreiheit gewährleiste einen umfassenden Schutz, den Glauben auszuüben und öffentlich zu bekunden. Auch das Tragen eines Voll- oder Gesichtsschleiers unterfalle diesem Schutz, sofern es von der betreffenden Person als religiös verpflichtend empfunden werde. Ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung müsse – ungeachtet der Frage, ob ein solches Verbot einer Integration betroffener Frauen tatsächlich dienlich wäre – zu allererst mit den Bestimmungen unseres Grundgesetzes in Einklang stehen. Ein generelles, unbeschränktes Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum, sei es mittels Burka oder Niqap, dürfe gegen das Neutralitätsgebot des Grundgesetzes in religiösen und weltanschaulichen Angelegenheiten verstoßen und werde sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen lassen, so Mertin weiter.

„Von der Frage, ob ein generelles Verbot der Vollverschleierung verfassungsrechtlich zulässig ist, muss allerdings unterschieden werden, inwiefern ein Verbot der Vollverschleierung aus anderen Gründen bereichsspezifisch in Betracht kommt. Dies könnte beispielsweise für die Identifizierung bei Grenz- und Verkehrskontrollen oder von als Zeugen mitwirkenden Personen bei Gerichtsverhandlungen gegebenenfalls notwendig sein“, betonte Mertin.

 

Information

Art. 4 Grundgesetz

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

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