Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin, der hamburgische Justizsenator Dr. Till Steffen und der bayerische Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback erklären: "Starkes Signal für die hohe Bedeutung der Justiz".
Im pfälzischen Deidesheim ist heute die 88. Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder unter Vorsitz des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin zu Ende gegangen. Zwei Tage hatten die Ministerinnen und Minister über verschiedene aktuelle justizpolitische Fragen beraten.
Mertin zeigte sich erfreut, dass die von Rheinland-Pfalz eingebrachten Themenvorschläge eine Mehrheit bei seinen Kolleginnen und Kollegen fanden. „Bei fehlenden Ausweispapieren müssen wir über Grenzen hinweg in der Lage sein, schnell eine eindeutige Identifizierung von Nicht-EU-Ausländern durchzuführen. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, dass die Speicherung und der Austausch von Strafregistereinträgen und Fingerabdruckdaten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union angezeigt sind. Dies wird die Strafverfolgung innerhalb der EU deutlich verbessern“, äußerte Mertin. Zudem baten die Justizministerinnen und Justizminister der Länder den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, im Hinblick auf die zunehmenden Beleidigungsdelikte vor allem im Internet („Hate Speech“) zu prüfen, ob die entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen einer Anpassung bedürfen.
Ein weiteres zentrales Thema war der Bericht der von der Justizministerkonferenz im Juni 2015 eingesetzten Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, die sich intensiv mit den Folgen der Digitalisierung auf das Zivilrecht befasst hat. Zentral waren Überlegungen, zur Schaffung eines „Dateneigentums“, dem digitalen Vertragsrecht, dem digitalen Persönlichkeitsrecht sowie dem digitalen Nachlass. Die Ergebnisse hat die Arbeitsgruppe nach fast zweijähriger intensiver Arbeit in einem gut 400-seitigen Abschlussbericht dargelegt, der sich umfassend mit der Materie beschäftigt. In vielen Punkten kommt der Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in seiner derzeitigen Fassung in der Lage ist, auch den Problemen, die sich als Folge der Digitalisierung stellen, gerecht zu werden. An anderen Punkten sieht die Arbeitsgemeinschaft gesetzgeberischen Handlungsbedarf, insbesondere im digitalen Vertragsrecht, aber auch zu einzelnen Aspekten des digitalen Persönlichkeitsrechts und des digitalen Nachlasses.
Dr. Till Steffen, Hamburger Justizsenator und Koordinator der A-Länder erklärte hierzu: „Die Arbeitsgruppe Digitaler Neustart war ein Mammutprojet für die Länder. Ein großer Dank geht hier nach Nordrhein-Westfalen, die federführend dieses Thema bewegt haben und ohne deren Engagement wir heute nicht dieses gemeinsame Werk nutzen könnten. Hier sind Handlungsempfehlungen enthalten, die für mehr Rechtssicherheit im digitalen Raum sorgen werden. Zudem ist die Arbeit nicht beendet. Mit den heutigen Beschlüssen zu Algorithmentransparenz und dem Schutz vor Kommerzialisierung von persönlichen Daten hat die Arbeitsgruppe schon die nächsten Aufgaben im Blick. Zudem gibt es weitere digitale Themen, wie die Beeinflussung durch Social Bots und Big Data, mit denen sich die Justizministerinnen und Justizminister auch weiter beschäftigen werden. Wir wollen insgesamt sicherstellen, dass die Rechte der Verbraucher in allen digitalen Bereichen geschützt werden.“
Intensiv diskutiert wurde von den Justizministerinnen und Justizministern auch das Zeugnisverweigerungsrecht für schutzbedürftige persönliche Nähebeziehungen. Dr. Till Steffen sagte hierzu: „Menschen, die sich nahe stehen, bringen das durch vielfältige Formen zum Ausdruck. Die Ehe ist ein Teil davon, hat jedoch kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Patchwork-Familien und eheähnliche Lebenspartnerschaften gehören in der Gesellschaft ebenso zum Alltag. Leider sind Menschen, die sich in so einem Verhältnis nahestehen, noch nicht vom Zeugnisverweigerungsrecht geschützt. Nach dem jetzigen Gesetz können nur Verlobte und Ehepaare davon Gebrauch machen. Es ist gut, dass die Justizministerinnen und Justizminister jetzt diese Ungleichbehandlung ins Visier nehmen.“
Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback, der Koordinator der B-Länder, erklärte: „Hinter uns liegen zwei arbeitsreiche, aber auch sehr ertragreiche Tage. Mein herzlicher Dank gilt meinem Kollegen Herbert Mertin für seinen großen Einsatz bei der Vorbereitung und Durchführung der diesjährigen Frühjahrskonferenz. Rechtspolitisch sind wir in konstruktiven Gesprächen in guter Atmosphäre bei wichtigen Themen ein gutes Stück vorangekommen: Ich nenne nur die nachträgliche Therapieunterbringung für Gewalt- und Sexualstraftäter, deren Gefährlichkeit sich erst während der Haft ergibt. Hier sind wir uns einig, dass wir für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger dringend eine gesetzliche Regelung benötigen. Auch bei der Bekämpfung von Cybercrime haben wir auf Vorschlag Bayerns ein kraftvolles Signal gesandt: Unsere Ermittler müssen von Postdienstleistern Auskunft über Name und Anschrift des Absenders und des Adressaten nicht nur dann und solange bekommen wie die Postsendung unterwegs ist – dasselbe muss vielmehr auch dann möglich sein, wenn die Ware bereits ausgeliefert ist.“
Bausback weiter: „Leider ist die Mehrheit der Länder dem bayerischen Vorschlag, die Erweiterung der elektronischen Fußfessel auf Stalking-Delikte zu prüfen, nicht gefolgt. Die Justizministerkonferenz hat hier eine große Chance verpasst, ein deutliches Signal für mehr Opferschutz beim Stalking zu setzen! Es freut mich hingegen sehr, dass die elektronische Fußfessel für verurteilte extremistische Gefährder auf Bundesebene kurz vor dem Abschluss steht. Das ist und war eine wichtige Kernforderung der Unionsländer und war auch die Empfehlung unserer seit 2015 tagenden länderübergreifenden Arbeitsgruppe. Wir haben immer gesagt: Wir müssen verurteilte terroristische Gefährder auch nach ihrer Haftentlassung ganz besonders im Auge behalten. Die elektronische Fußfessel ist sicher kein Allheilmittel – sie schafft aber jedenfalls ein Plus an Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger.“
Neben den fachlichen Diskussionen verabschiedeten die Justizministerinnen und Justizminister auch eine „Deidesheimer Erklärung“. Unter dem Titel „Eine starke Justiz für einen starken Rechtsstaat“ bekräftigen sie darin gemeinsam die hohe Bedeutung der Justiz für die Innere Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ständig wachsende Herausforderungen durch neue Gesetze und erweiterte Aufgaben sowie die personellen und sachlichen Verstärkungen im Bereich der Sicherheitsbehörden verlangten auch eine entsprechende Stärkung von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Strafvollzug.
Mertin zeigte sich mit den Ergebnissen der Konferenz insgesamt zufrieden: „Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für die fachlich fundierten und engagierten Beratungen. Die Ergebnisse der Konferenz werden wichtige Impulse für die rechtspolitischen Gesetzgebungsvorhaben der kommenden Monate setzen.“
Informationen:
Unter jährlich wechselndem Vorsitz eines Bundeslandes finden jeweils im Frühjahr und im Herbst Konferenzen der Justizministerinnen und Justizminister statt. Diese sind ein wichtiges Forum für neue Ideen und Innovationen auf dem Gebiet der Rechtspolitik und dienen der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder. Die in der Justizministerkonferenz gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen.
Weitere Informationen sowie sämtliche Beschlüsse der Konferenz finden sich unter <link http: www.justizministerkonferenz.de>www.justizministerkonferenz.de.
Zur Herbstkonferenz wird Rheinland-Pfalz am 9. November 2017 in die Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und bei der Europäischen Union in Berlin einladen.