Unter Beteiligung von Staatssekretär Dr. Matthias Frey fand gestern und heute in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen in Berlin die 92. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister statt.
Die Konferenz beschäftigte sich auf Antrag des Landes Rheinland-Pfalz vor dem Hintergrund der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 nochmals mit der Frage einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Eine Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz soll die Fragestellung bis zum kommenden Jahr erneut untersuchen. Hierzu erklärte Staatssekretär Dr. Frey: „Die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ist schnell gefordert, begegnet aber auch einer ganzen Reihe von Bedenken, nicht zuletzt verfassungsrechtlicher Art. Es würde das Lebensrisiko eines abgrenzbaren Bevölkerungskreises auf die gesamte Versichertengemeinschaft verlagert, obwohl es derzeit für praktisch jeden Eigentümer möglich wäre, sich individuell gegen entsprechende Elementarschäden zu versichern. Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden würde zudem einen hohen Verwaltungsaufwand sowohl für die Versicherer als auch für den Staat bedeuten, der die Versicherungswirtschaft und die Eigentümer entsprechend beaufsichtigen müsste. Eine Pflichtversicherung würde außerdem insbesondere Privaten, aber gegebenenfalls auch staatlichen Akteuren, den wirtschaftlichen Anreiz nehmen, vorbeugend in den Hochwasserschutz zu investieren. Es wird daher sehr sorgfältig zu prüfen sein, ob die möglichen Vorteile einer Pflichtversicherung überwiegen und welche alternativen rechtlichen Lösungsansätze bestehen."
Ein weiteres Thema der Konferenz war – insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene – eine Neuauflage und Verstetigung des im Jahr 2019 zwischen Bund und Ländern geschlossenen „Pakts für den Rechtsstaat“. Dieser sah die Schaffung von 2.000 zusätzlichen Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten durch die Länder vor, woran sich der Bund mit einem einmaligen Zuschuss in Höhe von 220 Millionen Euro beteiligt hat. Mit ihrem Beschluss fordern die Länder jetzt eine Verlängerung dieser Vereinbarung und eine weitere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Justiz. Hierzu erklärte Dr. Frey:
„Die neue Bundesregierung muss unverzüglich nach ihrem Amtsantritt in Verhandlungen mit den Ländern über einen Pakt für den Rechtsstaat 2.0 treten! Die Länder haben in den vergangenen Jahren bereits ganz erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Ausstattung der Justiz nachhaltig zu verbessern. Allein in Rheinland-Pfalz konnten so mehr als 100 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte geschaffen werden. Die bisherige Beteiligung des Bundes an den zusätzlichen Kosten war allerdings gerade einmal der sprichwörtliche ‚Tropfen auf den heißen Stein‘. Durch immer neue gesetzgeberische Vorhaben, aber auch die Verpflichtung, bis zum Ende des Jahres 2025 flächendeckend die elektronische Akte einzuführen, verursacht der Bund einen großen zusätzlichen Aufwand für die Länder. Es kann nicht angehen, dass die Länder die dadurch entstehenden Kosten allein stemmen müssen!“
Eine breite Mehrheit fand auch der Vorschlag aus Rheinland-Pfalz, die richterliche Geschäftsverteilung zukünftig zu flexibilisieren. Insbesondere sollen die Präsidien der Gerichte die Möglichkeit erhalten, Geschäftsverteilungspläne nicht nur einmal jährlich zum 1. Januar eines Jahres an einen veränderten Geschäftsanfall anzupassen, sondern auch unterjährig zum 1. Juli. „Mit diesem Vorschlag haben wir eine wichtige Anregung aus der gerichtlichen Praxis aufgegriffen. Die Änderung soll dazu führen, dass Gerichte schneller als bisher auf eine plötzliche Änderung ihrer Belastung reagieren können“, so Staatssekretär Dr. Frey abschließend.
Information:
Unter jährlich wechselndem Vorsitz eines Bundeslandes finden jeweils im Frühjahr und im Herbst Konferenzen der Justizministerinnen und Justizminister statt. Die Konferenz ist ein wichtiges Forum für neue Ideen und Innovationen auf dem Gebiet der Rechtspolitik und dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder. Die in der Justizministerkonferenz gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen. In diesem Jahr führt das Land Nordrhein-Westfalen den Vorsitz.