| Rehabilitierung Homosexueller

Mertin: Ein starker Rechtsstaat rehabilitiert zu Unrecht Verurteilte

„Eine Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten muss umgehend erfolgen“, dies forderte Justizminister Herbert Mertin anlässlich der aktuellen Debatte in der heutigen Plenarsitzung des Landtags. „Da viele der Betroffenen fortgeschrittenen Alters sind, erwarten wir den Vorschlag einer gesetzlichen Regelung durch die Bundesregierung noch in dieser Wahlperiode“, so Mertin.

Sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Deutschen Demokratischen Republik wurden nach 1945 einvernehmliche sexuelle Handlungen unter erwachsenen Männern strafrechtlich verfolgt. Die Strafbarkeit entfiel erst 1994 in der Bundesrepublik Deutschland endgültig. Während die in der Zeit des Nationalsozialismus nach den §§ 175, 175a Strafgesetzbuch ergangenen Urteile im Jahr 2002 durch Gesetz aufgehoben wurden, erfolgte eine Rehabilitierung der nach 1945 Verurteilten bislang nicht.

„Die Stärke eines Rechtsstaats zeigt sich – gerade auch im Vergleich zu einem Unrechtsstaat – darin, dass er Fehler erkennt und nach Kräften die Rehabilitierung der Betroffenen betreibt. Mit dem Wegfall der Strafbarkeit, die bereits vor Jahren erfolgt ist, hat unser Land Toleranz dokumentiert. Es ist daher nur konsequent, wenn wir dem nun endlich auch eine Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen folgen lassen“, betonte der Minister.

Der Bundesrat forderte bereits im Jahr 2012 die Bundesregierung auf, Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung der Betroffenen vorzuschlagen. Mit Entschließung vom 10. Juli 2015 konkretisierte er seine Forderung dahin gehend, einen Gesetzentwurf vorzulegen und in den Deutschen Bundestag einzubringen, der Maßnahmen zur Rehabilitierung und Entschädigung für die nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter Erwachsenen verurteilten Menschen vorsieht.

Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat im Mai 2016 das in ihrem Auftrag erstellte Gutachten von Professor Dr. Martin Burgi zu den rechtlichen Möglichkeiten der Rehabilitierung der nach § 175 Strafgesetzbuch verurteilten Homosexuellen vorgelegt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die kollektive Rehabilitierungsmaßnahme der Aufhebung der einschlägigen Strafurteile dem staatlichen Rehabilitierungsauftrag am besten genüge und verfassungsrechtlich zulässig sei.

Die Justizministerinnen und Justizminister haben auf ihrer Frühjahrskonferenz in Nauen das Gutachten zum Anlass genommen, die Frage der Rehabilitierung und Entschädigung der nach 1945 nach den §§ 175, 175a Nr. 3 und 4 Strafgesetzbuch und § 151 Strafgesetzbuch der DDR verurteilten Menschen erneut zu erörtern und ihre Bereitschaft erklärt, an einem zügigen Gesetzgebungsverfahren für ein Rehabilitierungsgesetz konstruktiv mitzuwirken. Dem ist inzwischen ein seitens des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegtes „Eckpunktepapier zur Rehabilitierung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten“ gefolgt. Eine entsprechende gesetzliche Regelung steht jedoch noch aus. 

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