Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Justizminister Herbert Mertin in Mainz heute die Planungen der Landesregierung zur weiteren Entwicklung des rheinland-pfälzischen Justizvollzugs vor. Seit Juli 2016 hatte eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Ministeriums der Justiz sowie des Ministeriums der Finanzen die baulichen Strukturen der Justizvollzugsanstalten Wittlich, Trier und Koblenz untersucht.
In den ursprünglichen Planungen des Justizministeriums war für den Doppelhaushalt 2019/2020 die Streichung von 50 Stellen im Justizvollzug vorgesehen. "Die Arbeitsgruppe hat festgestellt, dass es zunächst einer Veränderung der baulichen Strukturen bedarf, ehe diese Stelleneinsparungen realisiert werden können. Die Landesregierung wird für den Doppelhaushalt 2019/2020 daher auf die ursprünglich vorgesehenen Stellenstreichungen im Justizvollzug verzichten und auf kommende Haushalte verlagern", erklärte der Justizminister.
Stelleneinsparungen seien bei den derzeitigen Gefangenenzahlen nur dann möglich, wenn zuvor die Struktur der Vollzugseinrichtungen geändert würde. "Die Landesregierung prüft deswegen, ob die Wiederinbetriebnahme des alten Haftgebäudes der Justizvollzugsanstalt Wittlich wirtschaftlich erscheint. Dieses steht seit der Eröffnung des neuen Hafthauses im Jahr 2010 leer, muss aber mit großem Aufwand unterhalten werden, da es unter Denkmalschutz steht. Dort könnten im Falle einer positiven Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bis zu 350 zusätzliche Haftplätze geschaffen werden. Nach einer Wiederinbetriebnahme des alten Hafthauses in Wittlich könnte sodann - vorausgesetzt, die Gefangenenzahlen steigen nicht - die rund 45 km entfernte Justizvollzugsanstalt Trier aufgegeben werden. Gegen den Weiterbetrieb der Anstalt in Trier spricht insbesondere, dass dort in den nächsten Jahren Investitionen in Millionenhöhe für Sanierungsarbeiten fällig würden. Zudem erfordert die Justizvollzugsanstalt Trier aufgrund ihrer baulichen Besonderheiten einen überdurchschnittlich hohen Einsatz von Personal, der auch durch die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort nicht kompensiert werden kann. Durch eine Schließung würden sich voraussichtlich Effizienzgewinne ergeben - insbesondere durch die gemeinsame Nutzung der zentralen Einrichtungen wie beispielsweise Verwaltung, Küche, Großwäscherei und Kleiderkammer -, die sodann in einem zweiten Schritt auch zu einer Reduzierung des Personals führen sollen", so Mertin weiter. Daneben werde untersucht werden, wie sich der Personalbedarf der Justizvollzugsanstalt Koblenz durch bauliche und organisatorische Maßnahmen reduzieren lasse. Die ursprünglich vorgesehene Streichung von 50 Stellen werde also nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.
Derzeit wird an der Raumplanung für eine künftige Nutzung des alten Haftgebäudes in Wittlich gearbeitet. In den Grundzügen stehen die einzelnen Nutzungseinheiten (Haftbereiche, Bürobereich, Kammer, Pforte mit Besuchsbereich usw.) bereits fest. Auf der Grundlage einer detaillierten Raumliste, die bis Ende April 2018 vorliegen soll, wird von Seiten des Ministeriums der Justiz in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) sodann ein sogenanntes Raumprogramm erarbeitet, das auch technische Details über die Ausstattung der Räumlichkeiten haben wird. Es ist davon auszugehen, dass dieses Raumprogramm bis Herbst 2018 vorliegen wird. Im nächsten Schritt könnte das Vergabeverfahren für die Einschaltung externer Planer beginnen. Bis Ende 2018 soll der LBB eine abgestimmte Entwurfsplanung vorlegen. Es wird angestrebt, bis Ende 2019 die voraussichtlichen Kosten der Maßnahme zu ermitteln. Diese Kostenberechnung wird sodann insbesondere Grundlage für die Beurteilung der Frage sein, ob eine Sanierung des alten Haftgebäudes und die anschließende Schließung der Justizvollzugsanstalt Trier wirtschaftlich erscheinen. Sollte dies der Fall sein, würde sich hieran die eigentliche - mehrjährige - Bauphase anschließen.
Die Beschäftigten der Justizvollzugsanstalt Trier wurden heute zeitgleich über die Pläne der Landesregierung persönlich durch Justizstaatssekretär Philipp Fernis unterrichtet. "Uns ist wichtig, die betroffenen Beschäftigten frühzeitig in unsere weiteren Planungen einzubeziehen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Trier werden die Möglichkeit erhalten, ihren weiteren Dienst in Wittlich zu verrichten, sollte es zur Schließung der dortigen Anstalt kommen. Entlassungen aufgrund der Schließung wird es nicht geben", so der Minister abschließend.
Information:
Zurzeit gibt es in Rheinland-Pfalz zwölf Justizvollzugseinrichtungen: acht Justizvollzugsanstalten (Diez, Frankenthal, Koblenz, Ludwigshafen, Rohrbach, Trier, Wittlich und Zweibrücken), zwei Jugendstrafanstalten (Schifferstadt und Wittlich), eine Jugendarrestanstalt (Worms) und eine Justizvollzugsschule (Wittlich).
Die durchschnittliche Zahl der Gefangenen in Rheinland-Pfalz betrug in den vergangenen Jahren:
2008: 3.469 2013: 3.105
2009: 3.452 2014: 3.151
2010: 3.445 2015: 3.102
2011: 3.401 2016: 3.051
2012: 3.191 2017: 3.141
Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Durchschnittswert für die Beurteilung der tatsächlichen Belegungssituation nur bedingt aussagekräftig ist, weil hierbei der Justizvollzug insgesamt betrachtet wird. Gefangene sind jedoch nach Geschlecht und Alter differenziert unterzubringen. Zudem gibt es den geschlossenen und den offenen Vollzug sowie weitere besondere Vollzugsformen, z.B. in Sozialtherapie, Sicherungsverwahrung oder dem Vollzugskrankenhaus. Diese Vollzugsarten sind untereinander nicht ohne Weiteres deckungsfähig, d.h. das Verlegen Gefangener in eine andere Art ist nur möglich, wenn die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem schwanken die Zahlen der Gefangenen während eines Kalenderjahres.
Der Personalaufwand ist in den einzelnen Anstalten unterschiedlich hoch und stellt sich derzeit wie folgt dar:
Justizvollzugseinrichtung Haftplätze Planstellen Planstellen je 100 Haftplätze
JVA Diez 617 296,5 48,1
JVA Frankenthal 439 230,5 52,5
JVA Koblenz 173 145,5 84,1
JVA Ludwigshafen 66 60,3 91,3
JVA Rohrbach 484 231,8 47,9
JVA Trier 186 120,5 64,8
JVA Wittlich 601 335,8 55,9
JVA Zweibrücken 448 280,5 62,6
JSA Schifferstadt 234 206,0 88,0
JSA Wittlich 150 149,5 99,7
Gesamt 3.398 2.056,8 60,5
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Trier wurde 1977 errichtet. Sie weist eine Belegungsfähigkeit von insgesamt 186 Haftplätzen - sämtlich für männliche Gefangene - auf, davon 156 Plätze im geschlossenen und 30 Plätze im offenen Vollzug. Sie ist damit eine der kleinsten Justizvollzugsanstalten des Landes. Bei der JVA Trier sind derzeit insgesamt 116 Personen beschäftigt.
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Wittlich wurde in den Jahren 1897 bis 1902 als "königlich preußisches Gefängnis für Männer und Frauen" erbaut. Im Jahr 2010 wurde das heute genutzte moderne Hafthaus in Betrieb genommen. Auf der von der JVA Wittlich bewirtschaften Liegenschaft mit einer Größe von 15,94 Hektar befinden sich neben dem neuen Hafthaus auch das alte Haftgebäude, das Justizvollzugskrankenhaus (JVK), mehrere Werkhallen, das neue Wirtschaftsgebäude, eine Gärtnerei, die Jugendstrafanstalt und die Justizvollzugsschule. Das alte Haftgebäude der JVA Wittlich wird seit der Eröffnung des neuen Hafthauses nicht mehr genutzt, steht aber unter Denkmalschutz und muss daher unterhalten werden. Der Erhaltungsaufwand beträgt rund 70.000 EUR jährlich. Die JVA weist eine Belegungsfähigkeit von insgesamt 601 Haftplätzen auf, davon 471 Plätze im geschlossenen und 62 Plätze im offenen Vollzug - ebenfalls sämtlich für männliche Gefangene - sowie weitere 68 Plätze im JVK. Bei der JVA Wittlich sind derzeit insgesamt 356 Personen beschäftigt.