| Bundesrat

Justizminister Philipp Fernis: „Bei der Verfolgung von Hass und Hetze gegen Verstorbene mehr Rücksicht auf die Angehörigen nehmen!“

das Bild zeigt: Justizminister Philipp Fernis
Justizminister Philipp Fernis

Auf Initiative von Justizminister Philipp Fernis wird der Bundesrat morgen über einen Gesetzesantrag aus Rheinland-Pfalz abstimmen. Mit dem Antrag sollen Hinterbliebene entlastet werden, die nach dem Tod eines nahestehenden Menschen mit Hass und Hetze gegenüber dem Verstorbenen in den sozialen Medien konfrontiert werden. Eine strafrechtliche Verfolgung der ehrverletzenden Äußerungen soll dafür nicht mehr in jedem Fall einen gesonderten Strafantrag der Angehörigen voraussetzen.

Hierzu erklärt der Justizminister: „Die schreckliche Ermordung von zwei Polizeibeamten im Landkreis Kusel am 31. Januar 2022 führte uns in aller Deutlichkeit vor Augen, dass wir bei der Verfolgung von Hass und Hetze gegen Verstorbene besser an die Hinterbliebenen denken müssen. Es kann nicht sein, dass wir von den trauernden und stark belasteten Angehörigen verlangen, sich auch noch mit jeder einzelnen ehrverletzenden Äußerung in den sozialen Medien auseinanderzusetzen. Genau das ist aber der Fall, weil derartige Verunglimpfungen strafrechtlich nur dann verfolgt werden können, wenn ein Angehöriger in jedem Einzelfall einen Strafantrag stellt. Unternommen hat der zuständige Bundesgesetzgeber seit dem Fall Kusel leider nichts. Doch der Handlungsbedarf ist unverändert groß. Erst im August dieses Jahres wurden wir daran auf furchtbare Weise erinnert, als im saarländischen Völklingen erneut ein junger Polizeibeamter erschossen wurde. Auch in diesem Fall mussten die Angehörigen eine Vielzahl von Hasskommentaren ertragen. Ich appelliere an Bundesregierung und Bundestag, jetzt endlich tätig zu werden!“

Nach geltender Rechtslage müssen die nächsten Angehörigen der verstorbenen und verunglimpften Person, in der Regel Ehe- oder Lebenspartner bzw. Eltern oder Kinder, jede ehrverletzende Äußerung zur Kenntnis nehmen, um über die Stellung eines Strafantrags zu entscheiden. Erst dadurch wird bisher die strafrechtliche Verfolgung ermöglicht. Die Hinterbliebenen werden so in ohnehin schweren Stunden weiter belastet. Dies soll zum Schutz der Angehörigen geändert werden. Wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, soll ein Einschreiten der Strafverfolgungsbehörde von Amts wegen möglich werden. Außerdem soll der Dienstvorgesetzte einen Strafantrag stellen können, wenn es sich bei dem Verstorbenen um einen Amtsträger oder eine ihm gleichgestellte Person handelt und die Tat in Beziehung zu seiner Dienstausübung steht.

Die Einbringung des rheinland-pfälzischen Gesetzesantrags in den Deutschen Bundestag war von den Ländern am 8. April 2022 schon einmal beschlossen worden. Da die Initiative in der vergangenen Legislaturperiode aber weder von der damaligen Bundesregierung noch vom Bundestag aufgegriffen wurde, soll die Vorlage erneut – als sogenannte „Reprise“ – eingebracht werden.

 

Information:

Der Gesetzesantrag aus Rheinland-Pfalz, dem sich das Saarland als Mitantragsteller angeschlossen hat, sieht konkret vor, dass das Strafantragserfordernis in § 194 StGB für die Fälle der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB geändert werden soll:

Erstens soll das Antragsrecht der in § 77 Abs. 2 StGB bezeichneten Angehörigen um die Möglichkeit einer Verfolgung von Amts wegen ergänzt werden, sofern die Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Dies kann zum Beispiel bei einer großen Zahl von ehrverletzenden oder menschenverachtenden Äußerungen – insbesondere in sozialen Netzwerken – der Fall sein. Zweitens soll in den Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, sofern es sich um einen Amtsträger oder ihm gleichgestellte Person handelt und die Tat in Beziehung zu seiner Dienstausübung steht, auch dem Dienstvorgesetzten, dem die verstorbene Person zuletzt unterstellt war, ein Strafantragsrecht zustehen. Derzeit ist dies nicht möglich, weil § 194 StGB und § 77a StGB ein aktives Dienstverhältnis voraussetzen.

Teilen

Zurück