| Justizministerkonferenz

Justizminister Mertin: Strafrecht mit Augenmaß modernisieren

vorne, v.l.n.r.: Staatssekretär Wedel (NRW), Minister Mertin, Staatssekretär Fernis hinten, v.l.n.r.: Dr. Hund, Dr. Volk, Herr Perne
Justizministerkonferenz 2018

Unter Beteiligung von Justizminister Herbert Mertin fand gestern und heute auf der Wartburg in Eisenach die 89. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister statt. Erfreut zeigte sich der Minister darüber, dass drei von Rheinland-Pfalz unterbreiteten Beschlussvorschläge jeweils eine Mehrheit unter den Ministerinnen und Ministern fanden.

So forderte die Konferenz, den Ermittlern zur Bekämpfung von Kinderpornographie künftig die Verwendung computergenerierter, virtueller Bilder zu erlauben. Hierzu sagte der Minister: "Bei verdeckten Ermittlungen im Bereich von Kinderpornographie-Foren stehen Verdeckte Ermittler häufig vor dem Problem, dass der Zugang zu geschlossenen Foren von einer sogenannten 'Keuschheitsprobe', d.h. von der Übersendung kinderpornographischen Materials, abhängig gemacht wird. Es ist selbstverständlich ausgeschlossen, dass der Staat an dieser Stelle 'echtes' Material weiterverbreitet. Eine Lösung der Problematik könnte aber darin bestehen, den Verdeckten Ermittlern zu erlauben, virtuell erstellte Bilder zu übermitteln, die keine echten Missbrauchsopfer zeigen."

Ebenfalls eine Mehrheit fand der Vorschlag, in Fällen schwerster Kriminalität - etwa im Bereich des Organisierten Verbrechens - den Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, Wohnungen von Tatverdächtigten zu betreten, um auf diesem Wege Computer und Telefone überwachen bzw. abhören zu können. "Mit gewöhnlicher Telekommunikationsüberwachung erreichen wir nur noch die 'dummen' Straftäter. Ein Großteil der Kommunikation findet heute auf verschlüsselten Wegen statt. Diese können wir nur mithören, wenn wir die Endgeräte entsprechend präparieren. Hierzu muss in schwerwiegenden Fällen auch die Betretung der Wohnung ermöglicht werden. Wenn wir in diesen Bereichen auch zukünftig Straftaten effektiv bekämpfen wollen, müssen wir das Recht mit Augenmaß an die veränderten technischen Entwicklungen anpassen", erklärte Mertin hierzu.

Einmütig wurde der Vorschlag angenommen, den Straftatbestand der Unfallflucht einer Prüfung zu unterziehen. "Der Tatbestand ist kompliziert formuliert und verwendet mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe. Wir sollten prüfen, ob die Merkmale der 'angemessenen Wartezeit' oder des 'erheblichen Schadens' konkreter gefasst werden können. Auch sollte geprüft werden, ob bei bloßen Sachschäden eine Strafbarkeit entfällt, wenn der Unfallverursacher sich binnen einer bestimmten kurzen Frist bei der Polizei meldet", so Mertin weiter.

Enttäuscht zeigte sich der Minister demgegenüber, dass der von der Koalition von Union und SPD auf Bundesebene vereinbarte "Pakt für den Rechtsstaat", der unter anderem die Schaffung von zusätzlichen 2.000 Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie weiterer Stellen für den nachgeordneten Bereich vorsieht, noch keinerlei konkrete Form angenommen hat. "Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sind jetzt aufgefordert, das Thema des Rechtsstaatspaktes schnellstmöglich auf Ihre Tagesordnung zu setzen, um gemeinsam mit der Bundesregierung - vor allem der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz - eine Lösung zu finden, damit die im Koalitionsvertrag versprochenen zusätzlichen Stellen schnellstmöglich geschaffen werden können", so der Justizminister abschließend.

 

Hintergrund:

Unter jährlich wechselndem Vorsitz eines Bundeslandes finden jeweils im Frühjahr und im Herbst Konferenzen der Justizministerinnen und Justizminister statt. Die Konferenz ist ein wichtiges Forum für neue Ideen und Innovationen auf dem Gebiet der Rechtspolitik und dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder. Die in der Justizministerkonferenz gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen.

Nachdem Rheinland-Pfalz im Jahr 2017 den Vorsitz der Konferenz innehatte, führt dieses Jahr das Land Thüringen den Vorsitz. Die nächste Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2018 wird am 15. November 2018 in Berlin stattfinden.

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